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»Der Konzern greift die Demokratie an«

Aktivisten wollen die Fusion von Bayer und Monsanto verhindern. Die Stadt Bonn will sie nur im Abseits ­demonstrieren lassen.

Gespräch mit Jan Pehrke

junge Welt, 28. April 2017

Interview: Ben Mendelson

Sie wollen an diesem Freitag in Bonn gegen die Hauptaktionärsversammlung von Bayer demonstrieren. Die Stadt »vermietete« allerdings den Platz der Vereinten Nationen unmittelbar vor der Versammlungshalle für läppische 500 Euro an Bayer. Ihre Demonstration, die dort hätte stattfinden sollen, wurde in eine Seitenstraße verschoben. Wurde in Bonn die Versammlungsfreiheit verscherbelt?

Auf jeden Fall. Wir können auch die Begründung, mit der unsere Klage gegen die Abdrängung vom Verwaltungsgericht Köln abgelehnt wurde, gar nicht verstehen. Bayer argumentiert hier hauptsächlich mit dem Bestehen einer »Terrorgefahr«. Das ist absurd und infam. Der Großkonzern führt als Beispiel auch den Anschlag auf den Bus von Borussia Dortmund an, argumentiert dann, dass vielleicht Anschläge aus Habgier-Motiven zu erwarten seien. Deshalb müsse es eine »Konzern-Bannmeile« geben. Tatsächlich will Bayer einfach den Protest von der Hauptversammlung fernhalten.

Das Hauptthema bei der Aktionärsversammlung ist die geplante Übernahme von Monsanto durch den Leverkusener Großkonzern. Ist es realistisch, dass Sie das mit Ihren Aktionen verhindern können?

Es gibt Druck von vielen Seiten. Wir haben in der Vergangenheit viele Aktionen durchgeführt, es gibt nun welche in Bonn – und das werden nicht die letzten sein. Verschiedene Bündnisse haben weitere Proteste angekündigt, am Samstag gibt es eine Demo in Berlin. Wir machen auch Druck auf die EU-Kartellbehörde, damit diese die Übernahme nicht genehmigt. Allzu sehr darf man aber nicht auf die EU hoffen: Die letzten zwei großen Fusionen wurden mit geringen Auflagen durchgewinkt. Aber man muss möglichst breit dagegen protestieren.

Man merkt jetzt schon, dass es viel Kritik von den Anlegern gibt, beispielsweise vom Deka-Fonds. Es wird auch heftig kritisiert, dass Bayer die Aktionäre zu der Übernahme gar nicht befragen will. Wir rechnen damit, dass diese das dem Konzern heimzahlen und gegen die Fusion stimmen werden. Außerdem halten es einige Beobachter für juristisch sehr fragwürdig, die Aktionäre auf diese Art außen vor zu lassen.

Was wären aus Ihrer Sicht die größten Gefahren einer Fusion von Bayer und Monsanto?

Die ersten Folgen sieht man ja jetzt schon bei unserer Demo. Der Konzern schränkt die Demonstrationsfreiheit ein und greift die Demokratie an. Man kann sich ausmalen, was passieren wird, wenn Bayer noch mehr Macht hat. Natürlich würde sich der weltweite Agrarmarkt weiter auf wenige Firmen konzentrieren: Es blieben dann nur noch vier große Konzerne übrig. Viele Verbände befürchten, dass sich Landwirte nach der Fusion auf höhere Preise einstellen müssen. Zudem dürfte das Angebot unter anderem an Betriebsmitteln wie Pestiziden und Saatgut für die Bauern deutlich kleiner werden. Und wenn die Sortenvielfalt abnimmt, würden das auch die Verbraucher im Supermarkt spüren.

Wird es auch zur Vernichtung von Arbeitsplätzen kommen?

Bei solchen Deals werden stets die »Synergie-Effekte« angeführt. Das ist ein Euphemismus für Arbeitsplatzvernichtung. Durch die Auflagen der Kartellbehörden, sich von bestimmten Produkten zu trennen, könnten weitere Jobs zerschlagen werden. Vielleicht werden die Stellen auch abgebaut, weil Bayer zur Tilgung der Kredite, die das Unternehmen für die Übernahme aufgenommen hatte, Unternehmensanteile verkaufen muss.

Bayer und Monsanto haben zahlreiche Gemeinsamkeiten – etwa beim Thema Umweltzerstörung oder beim Einsatz gefährlicher Chemikalien. Wird es künftig noch schlimmer werden?

Bayer hat sich explizit zur Geschäftspolitik von Monsanto bekannt. Zu deren Lizenzsystem gehört es aber auch, Farmern Knebelverträge für genmanipuliertes Saatgut aufzubürden. Landwirte, die das Saatgut im nächsten Jahr nicht wieder aussäen, werden mit Klagen überzogen. Bayer hat sich auch eindeutig zu Glyphosat bekannt. Es sieht so aus, als wolle Bayer mit Monsanto genau so weitermachen wie bisher.